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Swiss Art Research Infrastructure (SARI)

Netzwerke visualisieren. Die Sigma Graph Komponente

SARI hat eine neuartige ResearchSpace-Komponente entwickelt, um Netzwerke beliebiger Form und Grösse nahtlos zu visualisieren und zu erkunden. Der Bedarf an einer solchen Visualisierungskomponente entstand im Rahmen des Projekts Johannes Itten Linked Archive (JILA), das in Zusammenarbeit mit der Zentralbibliothek Zürich realisiert wurde. JILA stellt den Nachlass von Johannes Itten wie Briefe, Dokumente, Fotografien und andere persönliche Quellen in Form von Linked Open Data zur Verfügung.

Das Projekt legt einen besonderen Schwerpunkt auf Personen, die in diesen Archivmaterialien auftauchen, wobei sowohl identifizierbare als auch nicht identifizierbare Personen und ihre Beziehungen untereinander sowie zu den dokumentierten Gegenständen berücksichtigt werden. Um Forschenden die Möglichkeit zu geben, diese Beziehungen zu erkunden, benötigte JILA ein geeignetes Werkzeug, um diese sozialen Netzwerke visuell zugänglich zu machen.
 

Fig. 1: An entry for Johannes Itten’s travel diary in the collections of the Zentralbibliothek. Numerous people, places and institutions that are mentioned are listed.

Abb. 1: Beispiel eines Eintrags für das Reisetagebuch von Johannes Itten in den Beständen der Zentralbibliothek. Zahlreiche Personen, Orte und Institutionen, die erwähnt werden, sind aufgelistet. (Quelle: SARI, CC-BY 4.0)

Die Visualisierung von Netzwerken ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden, eine Vielzahl dieser zeigten sich auch im Rahmen des JILA-Projekts. Netzwerke können in ihrem Umfang und ihrer Komplexität sehr unterschiedlich sein – von wenigen Knoten und Kanten bis hin zu Tausenden von Beziehungen. In JILA haben wir viele Knoten, die mit prominenten Personen in Verbindung stehen, wie Walter Gropius, Anna Höllering oder natürlich Johannes Itten selbst. Weniger bekannte oder unbekannte Personen zeichnen sich hingegen durch eine eher kleinere Zahl an Verbindungen aus. Eine Netzwerkvisualisierung muss mit beiden Szenarien umgehen können und die Knoten sinnvoll anordnen. Im Fall einer interaktiven Visualisierung muss diese weiterhin nutzbar und leistungsfähig sein, auch wenn das Netzwerk grösser wird. Bereits die Interaktivität an sich stellt eine Herausforderung für Netzwerkvisualisierungen dar. Die Navigation in einem Netzwerk ist nicht trivial, im Besonderen dann nicht, wenn diese darauf abzielt, den Benutzer:innen möglichst viel Kontrolle über die Visualisierung zu geben.

Die Visualisierung von Netzwerken gestaltet sich noch komplexer, wenn verschiedene Arten von Knoten und Kanten genutzt werden. Im Fall von JILA besteht die Herausforderung in der Darstellung verschiedener, vernetzter Entitäten wie Personen, Gruppen, Dokumente, Orte und Werke. Ausserdem existieren verschiedene Arten von Beziehungen zwischen diesen Entitäten, wie etwa verschiedene familiäre Verbindungen zwischen Personen oder Dokumente, die bestimmte Personen oder Gruppen erwähnen bzw. repräsentieren.
 

Fig. 2: The same catalogue entry of Johannes Itten’s travel diary visualised in JILA. The entities that are mentioned are grouped by type and can be explored individually.
Abb. 2: Der gleiche Katalogeintrag aus dem Reisetagebuch von Johannes Itten, dargestellt in JILA. Die erwähnten Einheiten sind nach Typ gruppiert und können einzeln erkundet werden. (Quelle: SARI, CC-BY 4.0)

ResearchSpace bietet bereits zwei Komponenten zur Visualisierung und Erforschung von Netzwerken. Die Semantic Graph-Komponente basiert auf Cytoscape.js, einer JavaScript-Bibliothek für die Visualisierung und Analyse von Netzwerken. In der ResearchSpace-Implementierung verfügt sie über eine Reihe von verschiedenen Netzwerk-Layouts sowie über die Möglichkeit, durch Zoomen und Verschieben von Entitäten innerhalb des Netzwerks zu navigieren. Ein Netzwerk kann direkt mittels einer SPARQL-Abfrage an den Triplestore erstellt werden. Ein Nachteil dieser Komponente besteht hinsichtlich des JILA-Projekts in der begrenzten Interaktivität – ein Netzwerk muss weitestgehend statisch bleiben und kann nicht in der Größe wachsen. Zudem ist die Leistung bezüglich der Visualisierung grosser Netzwerke begrenzt, da die Benutzerfreundlichkeit bei nur wenigen hundert Knoten bereits deutlich abnimmt.

Die zweite Netzwerkkomponente basiert auf Ontodia. Mit dieser Komponente können Benutzer ein (Linked Data) Netzwerk Schritt für Schritt erkunden und erweitern. Ausserdem ist ein detaillierter Blick auf reichhaltige semantische Daten möglich, ist jedoch wie die Cytoscape-Komponente für grosse Netzwerke nicht gut geeignet und kann schnell unübersichtlich werden.

SARI hat deshalb eine neue Komponente zur Netzwerkvisualisierung entwickelt, die auf der JavaScript-Bibliothek​​​​​​​ Sigma.jsbasiert. Sigma.js hat gegenüber den zuvor genannten Bibliotheken den Vorteil, dass es die GPU zur Visualisierung von Netzwerken nutzt und daher auch sehr große Netzwerke visualisieren kann. Damit Anwender:innen die Netzwerkdaten sinnvoll nutzen können, hat SARI eine Reihe von Funktionen implementiert, die das Erkunden dieser Daten ermöglicht, ohne von der Größe des Netzwerks überwältigt zu werden. Die Knoten werden nach Typ sowie nach der Verbindung zu anderen Knoten gruppiert. So kann in JILA das Netzwerk um Johannes Itten, das grösste Ego-Netzwerk in der Sammlung, auf einfache Weise visualisiert und erkundet werden. Zu den einzelnen Knoten können bei Bedarf zusätzliche Daten hinzugefügt und das Netzwerk Schritt für Schritt erkundet werden.

Die Netzwerkkomponente ist in das Event-System von ResearchSpace integriert und kann daher extern gesteuert und mit anderen Inhalten der App synchronisiert werden. In JILA wird dieser Mechanismus genutzt, um User die Möglichkeit zu geben, das Netzwerk sowohl über die Visualisierung als auch über das Detailpanel auf der rechten Seite des Bildschirms zu navigieren und zu erweitern. Durch die enge Integration mit ResearchSpace und die Einhaltung der Konventionen, die in der bestehenden Netzwerkkomponente festgelegt sind, ist unsere Netzwerkvisualisierung vollständig wiederverwendbar und für andere Projekte erweiterbar, die auf ResearchSpace aufbauen.
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Fig. 3: Users can expand the network at will. Relationships of individual entities can be highlighted and the dynamic grouping of nodes ensures that the network remains readable at scale.

Abb. 3: Die Benutzer:innen können das Netz beliebig erweitern. Die Beziehungen zwischen einzelnen Einheiten können hervorgehoben werden und die dynamische Gruppierung von Knoten sorgt dafür, dass das Netz auch im größeren Maßstab lesbar bleibt. (Quelle: SARI, CC-BY 4.0)

Autor: Florian Kräutli